Bryan in New York
– BROOKLYN
Mitten im Wald, nur zwei Stunden von Manhattan entfernt
So wie Millionen Menschen auf der ganzen Welt davon träumen, in New York zu leben, träumen unglaublich viele New Yorker von einem Ort, an den sie sich hin und wieder von der Stadt zurückziehen können. Ein buen retiro wie wir in Italien mit einem spanischen Ausdruck sagen, ein Ort, an dem die Zeit langsamer vergeht. Man sieht ihm an, dass er an das alte Holzhaus zwei Autostunden von der Fifth Avenue entfernt denkt.
Ein buen retiro oder wie man den perfekten Rückzugsort findet
So wie Millionen Menschen auf der ganzen Welt davon träumen, in New York zu leben, träumen unglaublich viele New Yorker von einem Ort, an den sie sich hin und wieder von der Stadt zurückziehen können. Bryan und David haben dafür eine kleine Gemeinde zwei Autostunden entfernt gewählt, einen Ort, der unglaublich berühmt ist für ein Ereignis, das dort nicht einmal stattgefunden hat: Woodstock. „Wenn man diesen Namen sagt, denkt jeder sofort an Jimi Hendrix und Janis Joplin, auch wenn das Konzert letztlich auf einen Bauernhof verlegt wurde“, so Bryan. „Wirklich interessant ist aber, dass man Woodstock gewählt hatte, weil es schon lange zuvor zu einem Treffpunkt für Künstler geworden war.“ Bryan ist Psychologe und hat eine Praxis an der Fifth Avenue, seit er ein kleiner Junge war, wollte er in einer großen Stadt leben. „Ich bin in einer Universitätsstadt in der Nähe von Milwaukee aufgewachsen, Häuser aus Stein direkt am See. Hin und wieder sind unsere Eltern mit uns nach Chicago gefahren, wir haben in einem Hotel geschlafen, sind ins Theater und shoppen gegangen. Ich spürte die Energie der Stadt und spürte, dass ich dieser Energie nie müde werden würde. Nach dem Studium bin ich nach Madrid gezogen und dort habe ich wieder diese Kraft gespürt. Als ich dann nach Amerika zurückgekommen bin, wusste ich sofort, dass NY das Richtige für mich sein würde. Ich habe viele Jahre ehrenamtlich für einen Verein gearbeitet, der LGBT-Personen unterstützt, die von Diskriminierung betroffen sind. Ich war in der psychologischen Telefonberatung tätig und dort wurde mir klar, dass ich als Psychoanalytiker arbeiten wollte. Und ja, nach vielen Jahren in NY spüre ich noch immer diese Energie, sowohl mein Lebensgefährte als auch ich lieben es, uns während der Woche von der Energie der Stadt anstecken zu lassen. Aber es ist schön, einen Ausgleich zu haben, aufs Land zu fahren, Zeit allein mit unserer Katze zu verbringen, zu wissen, dass wir rund um uns die Berge, Hirsche und Bären haben.“ Ein buen retiro wie wir in Italien mit einem spanischen Ausdruck sagen. So wie der Park in Madrid, der vor langer Zeit einem König gebaut wurde, ein Ort, an dem die Zeit langsamer vergeht. „Unsere Jobs in der Stadt sind in vieler Hinsicht anstrengend. Ich empfange hier in meiner Praxis Patienten, die Spannungen der Menschen, die mir aus ihrem Leben erzählen, stauen sich auf. Mein Lebensgefährte war viele Jahre auf der ganzen Welt unterwegs, jetzt arbeitet er als Communication Manager in einem großen Unternehmen. Wenn wir nach Woodstock fahren, ist es, als würde die Zeit langsamer vergehen, dehnbar werden. Wir haben einen Kamin, einen Pool für den Sommer, wir können im Freien kochen.“ Wie man den perfekten buen retiro findet? „Wir haben einen Ort gesucht, an dem wir trotzdem die Möglichkeit haben, abends in ein schönes Lokal essen zu gehen oder eine Ausstellung zu besuchen, es sollte ein einladender Ort sein. In Woodstock haben Maler, Schauspieler, Regisseure gelebt, es gibt eine Stiftung, die Residenzprogramme für Künstler aus der ganzen Welt anbietet, es sind viele schwule und lesbische Paare unterwegs, Paare unterschiedlicher Hautfarbe oder Religion. Sonntags kommen wir auf dem Square Drum Circle zusammen, dem Trommelplatz, um gemeinsam Musik zu machen und zu tanzen.“ Bryans Augen strahlen vor Begeisterung, wenn er von ihrem alten Bauernhof erzählt, auf dem einst Milch produziert wurde, und von dem Wald rundherum. „Anfangs hatten wir jede Woche Gäste, dann ließen sich unsere Freunde von unserer Begeisterung anstecken, das war eine richtige Welle, sie kamen zu Besuch und dann kauften sie selbst ein Haus. Inzwischen haben wir kaum noch Gäste, weil uns alle Freunde gefolgt sind, Davids Bruder hat im Dorf eine Pizzeria eröffnet.“ Ich frage Bryan, ob er denn nie Angst hat, wenn er dort übernachtet. „Die Kriminalitätsrate in Woodstock ist unglaublich niedrig, sicher niedriger als in den meisten Stadtteilen New Yorks. In Wirklichkeit ist die Gefahr viel größer, dass ich einem hungrigen Bären über den Weg laufe. Aber zum Glück sind wir bisher gut davongekommen.“ „Unsere Zeit ist um, Herr Doktor“, meine ich zu Bryan nach unserem Gespräch. Er lacht. „Es ist schön, wenn das einmal ein anderer sagt. Und es ist immer schön, wenn ich von unserem Haus erzählen kann.“ Man sieht ihm an, dass er bereits ans Wochenende denkt, an das alte Holzhaus zwei Autostunden von der Fifth Avenue entfernt. Auch das ist ein positiver Aspekt eines buen retiro: die Vorfreude und die freudige Aufregung, die damit verbunden ist.
HOLEN SIE SICH IHR KOSTENLOSES EXEMPLAR
Zwei Bücher, drei Kontinente, dreizehn Städte, fünfundzwanzig Häuser.
Zwei fotografische Bücher, die von Licht, Menschen und Leben erzählen und eine Reise schildern, die im Jahr 2019 begann und uns an immer unterschiedliche Orte und Breitengrade führte, um ein anderes Licht und damit andere Kulturen des Wohnens zu erleben.